Stadt Esslingen am Neckar
Stadtkämmerei 12.10.2011
Sachbearbeiter/in:
Birgit Strahlendorf
20/291/2011
V O R L A G E
Verwaltungsausschuss
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26.09.2011
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Gemeinderat
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17.10.2011
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Betreff:
Einführung der Satzung über die Erhebung
der Zweitwohnungssteuer der Stadt Esslingen am Neckar
I. Antrag
Die in
Anlage 1 beigefügte Satzung über die Erhebung der Zweitwohnungssteuer der Stadt
Esslingen am Neckar wird beschlossen.
II. Haushaltsrechtliche Deckung
Der Planansatz aus
Erträgen beim Produkt Zweitwohnungssteuer für das Jahr 2012 beträgt 145.000 €.
III. Folgekosten
Personalaufwendungen 2012: 43.260
EUR
Sachkostenaufwendungen
2012: 12.200 EUR
IV. Begründung
A.
Allgemeines
Alle Einwohner können die Esslinger Infrastruktur und die
städtischen Einrichtungen in Anspruch nehmen. Die Stadt Esslingen am Neckar
erhält zur Finanzierung dieser Aufgaben für jeden gemeldeten Hauptwohnsitz
Finanzzuweisungen, wohingegen die Nebenwohnsitzinhaber nicht zur Finanzierung
in dieser Form beitragen. Die Zweitwohnungssteuer kann folglich dafür sorgen,
dass Nebenwohnsitzinhaber einen finanziellen Beitrag für das Gemeinwohl
leisten.
B.
Satzungsrelevante Voraussetzungen
1. Rechtsgrundlagen
Grundlage zur Erhebung einer Zweitwohnungssteuer ist Artikel 105
Abs. 2 a des Grundgesetzes, wonach die Länder „örtliche Verbrauchs- und
Aufwandssteuern“ erheben können. Diese Gesetzgebungskompetenz haben fast alle
Länder den Gemeinden übertragen. In Baden-Württemberg ist es in § 9 Abs. 4
Kommunalabgabengesetz normiert. Danach können die Gemeinden in Baden
Württemberg eine Zweitwohnungssteuer erheben.
Ursprünglich
nutzten vor allem Fremdenverkehrsgemeinden das Instrument der
Zweitwohnungssteuer zur weiteren Deckung des Aufwands für die Herstellung und
Unterhaltung öffentlicher Einrichtungen. Später führten auch Studentenstädte
diese Steuer zur Erhöhung der Einwohnerzahlen ein, um damit höhere Einnahmen im
Rahmen des kommunalen Steuerausgleichs zu erzielen.
2. Steuergegenstand
Wesentliches Merkmal einer Aufwandssteuer ist die Besteuerung
einer besonderen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit. Das ist nicht schon dann
der Fall, wenn eine Steuer überhaupt an die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit
anknüpft. Begriffsmerkmal der Aufwandssteuern ist nach der Definition des
Bundesverfassungsgerichts vielmehr, dass sie eine über die Befriedigung des
allgemeinen Lebensbedarfs hinausgehende Verwendung von Einkommen und Vermögen
erfassen.
Ob der
Aufwand im Einzelfall diese Leistungsfähigkeit überschreitet, ist für die
Steuerpflicht unerheblich. Bundesrechtlich kommt es nur darauf an, dass mit der
Erstwohnung das Grundbedürfnis „Wohnen“ als Teil des persönlichen Lebensbedarfs
abgedeckt wird. Das ist der Fall, wenn ein Steuerpflichtiger die Erstwohnung
als Hauptwohnung angemeldet hat. Damit erklärt der Steuerpflichtige, dass er
die Erstwohnung vorwiegend nutzt. Dies indiziert
wiederum, dass dort auch typischerweise das allgemeine Wohnbedürfnis abgedeckt
wird. Wird somit das menschliche Grundbedürfnis „Wohnen“ bereits in der als
Hauptwohnung angemeldeten Erstwohnung gedeckt, stellt das Innehaben einer
weiteren Wohnung einen zusätzlichen Aufwand dar, der typischerweise eine
wirtschaftliche Leistungsfähigkeit indiziert. Entscheidend ist, dass das
menschliche Grundbedürfnis Wohnen bereits in der Erstwohnung abgedeckt ist (Auszug
aus dem Urteil des BVerwG vom 17.09.2008).
Gegenstand der Steuer ist das Innehaben einer Zweitwohnung. Als Zweitwohnung gilt
jede Wohnung im Gemeindegebiet, die jemand neben seiner Hauptwohnung bzw.
Erstwohnung zu Zwecken der Erholung, Berufsausübung, Ausbildung oder zu Zwecken
des sonstigen persönlichen Lebensbedarfs innehat. Dabei ist unerheblich, ob
sich die Hauptwohnung innerhalb oder außerhalb der die Zweitwohnungssteuer
erhebenden Gemeinde befindet.
3. Steuerschuldner
Steuerschuldner ist jede
volljährige Person, die im Gemeindegebiet eine Zweitwohnung innehat. Inhaber
einer Zweitwohnung ist üblicherweise deren Eigentümer oder Mieter, der sie für
seinen privaten Lebensbedarf nutzt oder für diesen Zweck vorhält. Überwiegend
knüpft die Satzung an das Melderecht an, insbesondere an den Begriff der
Nebenwohnung.
4. Steuersatz
Bemessungsgrundlage ist bei den meisten
Zweitwohnungssteuersatzungen in Baden-Württemberg der jährliche
Nettomietaufwand (Jahreskaltmiete) oder hilfsweise die geschätzte Miete. Auf
diese Bemessungsgrundlage wird ein Prozentsatz angewandt. Dieser beträgt bis zu
10 % der Jahreskaltmiete.
5. Befreiungen:
Aufgrund der Erfahrungen anderer Städte die in den letzten Jahren
die Zweitwohnungssteuer eingeführt haben und unter Berücksichtung der aktuellen
Rechtsprechung haben sich im Wesentlichen vier Befreiungstatbestände
konkretisiert. Diese werden Bestandteil der Esslinger
Zweitwohnungssteuersatzung.
C.
Esslinger Zahlen
Im Stadtgebiet Esslingen
am Neckar sind aktuell insgesamt ca. 5.600 volljährige Personen mit Nebenwohnsitz gemeldet.
D.
Praktische Umsetzung
In einem ersten Schritt müssen zur Vorbereitung der Einführung der
Zweitwohnungssteuer zunächst die Personen mit Nebenwohnsitz mit einem Informationsschreiben
angeschrieben werden, um auf die beabsichtigte Einführung der
Zweitwohnungssteuer hinzuweisen. Dies ist sinnvoll, da dadurch die
Einwohnermeldedaten aktualisiert werden. Dies wird zurzeit bereits veranlasst.
In einem zweiten Schritt werden mögliche Steuerpflichtige
angeschrieben und über die aktuelle Rechtslage informiert. Gleichzeitig werden
mit diesem Schreiben die Erhebungsbögen für die Ermittlung der
Besteuerungsgrundlagen zugesandt.
Im Anschluss daran erfolgt dann in einem dritten Schritt die
eigentliche Veranlagung. Hierbei wird die Stadtkämmerei laufend über den
aktuellen Meldestatus der Nebenwohnsitzinhaber in Esslingen am Neckar durch die
Meldebehörde mit EDV-Unterstützung informiert.
E.
Finanzielle Auswirkungen
Die Einführung der Zweitwohnungssteuer ist nach den Erfahrungen
anderer Städte mit erheblichem Verwaltungsaufwand verbunden. In der
Einführungsphase von ca. 1 – 1,5 Jahren ist mit einem Aufwand von mindestens einer
Stelle zu rechnen. Diese Stelle soll mit Rückkehrerinnen bzw. Aufstockung der
Arbeitszeit bewältigt werden. Für 2012 werden zunächst 43.260 EUR
Personalkosten und 12.200 EUR Sachkosten kalkuliert.
Aufgrund der zu erwartenden Verweigerungshaltung der
Steuerschuldner ist auch bei der Stadtkasse mit einem erhöhten Arbeitsaufwand
zu rechnen. Zudem muss auch von einer
höheren Zahl an Widersprüchen ausgegangen werden. Inwieweit hierfür
zusätzlicher Stellenbedarf notwendig wird, ist noch nicht absehbar.
Nach der Einführungsphase dürfte der Personalbedarf
voraussichtlich bei 0,5 Stellen liegen.
Einnahmen aus der Steuer
In der Regel sind die Städte, die aktuell die Zweitwohnungssteuer
eingeführt haben bei ihren Planungen davon ausgegangen, dass ca. 5-10 Prozent
der anfänglich mit Nebenwohnsitz gemeldeten Personen zur Zweitwohnungssteuer
herangezogen werden können. Würde man diese Zahl auf die Stadt Esslingen am
Neckar übertragen wären ca.
280-560 Personen zweitwohnungssteuerpflichtig.
Ausgehend von einer durchschnittlichen Jahreskaltmiete von 3.600 €
(300 € im Monat), würden sich bei einem Steuersatz von 5 % die Einnahmen
zwischen 50.400 € und 100.800 € bewegen. Bei einem Steuersatz von 10% liegen
die Einnahmen zwischen 100.800 € und 201.600 €.
Eine wirklich verlässliche Berechnung ist allerdings aufgrund der
vielen Unbekannten nicht möglich. Wenn man davon ausgeht, dass ca.400 Bescheide
je ca.360 € Steuereinnahmen erbringen, ergibt sich ein Planansatz 2012 von
145.000 €.
Welche
konkrete Auswirkung die Einführung der Zweitwohnungssteuer auf den Finanzausgleich
hat, ist schwer abzusehen und somit nicht zu quantifizieren. Man kann aber
davon ausgehen, dass sich die Anzahl der Hauptwohnsitzinhaber in Esslingen am
Neckar erhöhen wird.
Amtsleiter Dezernent
Anlagen: Satzung