Stadt Esslingen am Neckar
Stadtplanungs- und Stadtmessungsamt 30.01.2013
Sachbearbeiter/in:
Wolfgang Ratzer
61/434/2012
V O R L A G E
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Ausschuss für Technik und Umwelt
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04.02.2013
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Betreff:
Einzelhandelskonzept
Esslingen am Neckar
hier: Festlegung der Nahversorgungsbereiche
Vorgang: ATU vom
02.03,2009 – 61/047/2009
ATU vom 18.07.2011 - 61/0502011
I. Antrag
1.) Der Bericht zu den „Nahversorgungsbereichen“ der
Esslinger Teilorte wird zur Kenntnis genommen.
2.) Die Verwaltung wird beauftragt, ein öffentliches
Beteiligungsverfahren (öffentliche Auslage und Einbeziehung der Träger
öffentliche Belange) durchzuführen.
II. Haushaltsrechtliche Ermächtigung
Finanzielle Auswirkungen:
entfällt
Deckungsvorschlag:
Entfällt
III. Ressourcenverbrauch
Wird dem Antrag der Verwaltung zugestimmt, folgen
keine weiteren Aufwendungen oder Erträge. Kommende Haushaltsjahre werden nicht
durch zusätzlichen / neuen Ressourcenverbrauch belastet bzw. durch Einsparungen
entlastet.
IV. Begründung
1. Anlass
Das
Einzelhandelskonzept (nach § 1 Abs. 6 Nr. 11 BauGB) der Stadt Esslingen am Neckar
umfasst mehrere Aufgabenbereiche, die Schritt für Schritt erarbeitet und
beschlossen werden:
- Das Einzelhandelsgutachten von Dr. Acocella wurde am
02.03.2009 im ATU vorgestellt (61/047/2009).
Es beschäftigt sich mit folgenden Themen, die einzeln als Grundlage für die
weitere Bauleitplanung beschlossen wurden (bzw. werden):
·
Zentraler
Versorgungsbereich Innenstadt
·
Esslinger
Sortimentsliste
·
Nahversorgungsbereiche
Esslinger Teilorte
Mit
dem Einzelhandelsgutachten von 2009 wurde ein öffentliches Beteiligungsverfahren
durchgeführt.
-
Das
Einzelhandelsgutachten wurde zu einem Einzelhandelskonzept nach § 1 Abs. 6 Nr.
11 BauGB für die Innenstadt mit dem „Zentralen Versorgungsbereich Innenstadt“
und qualitativen Hinweisen zur Weiterentwicklung dieses Standards verdichtet
und beschlossen (GR 25.07.2011, Vorlage 61/050/2011).
-
Die Definition
der „Esslinger Sortimentsliste“, die als Grundlage für die Ansiedlung von
Einzelhandelsbetrieben mit zentren – bzw nicht zentrenrelevanten Sortimenten
dient, erfolgte als Beschluss 2012 (GR 27.07.2012, Vorlage 61/194/2012).
-
Als letztes
Thema aus dem Einzelhandelsgutachten müssen noch die Abgrenzungen der
Nahversorgungsbereiche der Esslinger Teilorte als Grundlage für die Bauleitplanung
beschlossen werden.
Der
Gesetzgeber hat seit 2004 die Pflicht der Gemeinden in das Baugesetzbuch aufgenommen,
dass bei der Aufstellung von Bauleitplänen (FNP und Bebauungspläne) „die
Erhaltung, Erneuerung, Fortentwicklung, Anpassung und der Umbau vorhandener
Ortsteile sowie die Erhaltung und Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche“ zu
berücksichtigen ist (§ 1 Abs. 6 Nr. 4 BauGB). Das Bundesverwaltungsgericht
hatte in der Folge klar gestellt, dass mit dem Begriff „zentraler
Versorgungsbereich“ auch der Nahversorgungsbereich in Teilorten gemeint ist und
beide Begriffe rechtlich gleich gestellt sind.
Dieser
Verpflichtung, Nahversorgungsbereiche zum Erhalt und Ausbau der Versorgung in
den Ortsteilen zu definieren, kommt die Stadt nun mit dem vorliegenden dritten
Schritt zur Umsetzung des Einzelhandelskonzepts nach.
2. Methode
Aufbauend
auf den Gebietsvorschlägen aus dem „Entwicklungskonzept für die Stadt Esslingen
am Neckar“ von Dr. D. Acocella (März 2009) hat die Stadtverwaltung zusammen mit
Dipl.-Geograph Juri Jacobi im Frühsommer 2012 eine Begehung der Teilorte
vorgenommen und entsprechend den Kriterien der Rechtsprechung Vorschläge zur Abgrenzung
der Nahversorgungsbereiche gemacht. Anschließend wurden die Ergebnisse der
Begehung und die Vorschläge der Abgrenzung den betroffenen Bürgerausschüssen im
Sommer und Herbst 2012 zur Beratung vorgelegt. Danach erfolgte die jetzt vorliegende
Ausformulierung der Abgrenzung, die so deutlich von den ursprünglichen Vorschlägen
aus dem Gutachten von Dr. Acocella (2009) abweichen, dass eine erneute
öffentliche Auslage erforderlich ist.
3. Kriterien zur räumlichen Abgrenzung
der Nahversorgungsbereiche
Wichtigstes
Kriterium für die räumliche Abgrenzung ist die integrierte Lage. Dies bedeutet,
dass der Nahversorgungsbereich städtebaulich und siedlungsstrukturell eingebunden
sein und einen unmittelbaren Bezug bzw. die Nähe zur Wohnbebauung aufweisen
muss, so dass auch für eingeschränkt mobile Bevölkerungsgruppen eine möglichst
gute Erreichbarkeit – z. T. eine fußläufige Erreichbarkeit – gegeben ist.
Daneben sollte auch eine gute Anbindung an den ÖPNV gegeben sein. Die räumliche
Abgrenzung orientiert sich maßgeblich am derzeitigen Bestand der Einzelhandelsbetriebe.
Von Bedeutung ist eine räumlich-funktionale Konzentration an
Versorgungsangeboten mit einer entsprechenden Dichte und Kompaktheit, die im
Zusammenhang erkennbar ist.
Bei
der räumlichen Abgrenzung sind auch zukünftige, potenzielle Erweiterungsflächen,
beispielsweise Folgenutzungen angrenzender Flächen, Nachnutzungen von Leerständen,
Umnutzung vorhandener Flächen/Immobilien etc. zu berücksichtigen. Zu diesem
Zweck werden so genannte Erweiterungsflächen (Entwicklungs- und Zielperspektive)
ausgewiesen. Dabei handelt es sich um perspektivische Ansiedlungs- bzw.
Ergänzungsflächen, die im unmittelbaren räumlichen Kontext zum ausgewiesenen
Versorgungsbereich stehen und diesen – im Falle einer Ansiedlung/Bebauung – sinnvoll
ergänzen können.
4. Abgrenzungsvorschläge und
Begründungen
Die
einzelnen Abgrenzungsvorschläge für die Nahversorgungsbereiche der jeweiligen
Teilorte mitsamt den zugehörigen Begründungen sind in der Anlage 1 dargestellt.
5. Rechtliche Wirkung
Die
Funktion der definierten Nahversorgungsbereiche liegt in der Vorbereitung der
Steuerung der Einzelhandelsentwicklung auf Stadtteil- bzw. Quartiersebene über
Bauleitpläne. Durch die räumliche Abgrenzung von Nahversorgungsbereichen soll
sichergestellt werden, dass Einzelhandelsangebote dort konzentriert werden, wo
sie von allen Bewohnern des Stadtteils leicht (auch ohne Benutzung des PKWs)
erreicht werden können und wo die Möglichkeit der Ansiedelung ergänzender
Dienstleistungen (Ärzte, Banken, Post, etc.) besteht. Diese Bereiche sollen
über entsprechende Bebauungspläne gesichert werden. Gleichzeitig bedeutet das
aber auch, dass an anderen Stellen im Stadtteil die Ansiedelung von Betrieben,
die negative Auswirkungen auf den definierten Nahversorgungsbereich haben,
ausgeschlossen werden können. Deshalb müssen Nahversorgungsbereiche eindeutig
bestimmt sein. Es reicht nicht aus, sie vage, z. B. mit einem kreisförmigen
Symbol zu kennzeichnen. Es hat eine weitgehend parzellenscharfe Abgrenzung zu
erfolgen, um eindeutig zu definieren, welche Flächen/Immobilien im
Nahversorgungsbereich liegen und somit schützenswert sind.
Die
definierten Versorgungsbereiche sind ausdrücklich als Angebotsräume für die Ansiedlung
auch von großflächigen Einzelhandelsbetrieben (mit mehr als 800 qm Verkaufsfläche)
im Bereich der zentren- und nahversorgungsrelevanten Sortimente zu verstehen.
Somit
ist die Abgrenzung eine wichtige Grundlage zur Steuerung von Standortentscheidungen
über das Planungsrecht (Bebauungsplan) und gewährleistet Planungs-, Investitions-
und Rechtssicherheit sowie Transparenz für Grundstückseigentümer, Einzelhändler,
Investoren, Projektentwickler, Politik und Verwaltung.
Die
Nahversorgungsbereiche werden nach ihrer Beschlussfassung durch den Gemeinderat
nachrichtlich in den neuen Flächennutzungsplan übernommen. Mit dieser Übernahme
wird der anstehenden Änderung des BauGB entsprochen, die ausdrücklich die
Darstellung der „Zentralen Versorgungsbereiche“ im FNP verlangt (§ 5 Abs. 2 Nr. 2 d).
6. Weiteres Vorgehen
Die
Verwaltung wird beauftragt, mit den Vorschlägen zur Abgrenzung der Nahversorgungsbereiche
in den Teilorten ein öffentliches Beteiligungsverfahren durchzuführen. Die
Rechtsprechung zum BauGB empfiehlt „unbeschadet der gesetzlichen Vorschriften“
sei „bei der Vorbereitung einer sonstigen städtebaulichen Planung die Beteiligung
der Öffentlichkeit und der Behörden (entsprechend §§ 3 ff BauGB) geboten, um
die erforderliche Maßgeblichkeit für die Bauleitplanung zu erlangen“ (Battis,
Krauzberger, Löhr zum BauGB: Quelle beck-online).
Nachdem
die Abgrenzungsvorschläge gegenüber dem Einzelhandelskonzept von 2009, mit dem
ein öffentliches Beteiligungsverfahren durchgeführt worden war, in der Überarbeitung
deutlich verändert wurden, wird die Verwaltung ein neues Beteiligungsverfahren
durchführen.
Anschließend
soll der Gemeinderat, nach Vorberatung im ATU, die Abgrenzung als Grundlage für
die verbindliche Bauleitplanung (und als Darstellung für den FNP) beschließen.
7. Schlussbemerkung
Mit
dem Beschluss der Definition der Nahversorgungsbereiche als Grundlage für die
Bauleitplanung werden dann die formalen Aufgaben aus dem Einzelhandelskonzept
nach § 1 Abs. 6 Nr. 11 BauGB abgeschlossen sein.
Mit
dem „Zentralen Versorgungsbereich“ Innenstadt, der Sortimentsliste und der
Definition der Nahversorgungsbereiche verfügt die Stadt dann über die
Grundlagen, um die Entwicklung des Einzelhandels verlässlich, transparent und
sachgerecht über die Bauleitplanung zu steuern.
Die nächsten Jahre werden zeigen, ob und an welchen
Stellen die Steuerungsinstrumente eventuell nachjustiert werden müssen. Damit
ist sichergestellt, dass die Stadt jederzeit die Entwicklung des Esslinger
Einzelhandels im gerechten Ausgleich privater und öffentlicher Interessen zum
Wohle der Esslinger Bürgerschaft beeinflussen kann.
Amtsleiter Dezernent
Anlagen:
Anlage 1: Abgrenzungen und Begründungen der
Nahversorgungsbereiche